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Die Vielseitigkeit der URANIA 

Wenn ich mein Leben betrachte, dann ist dieses für lange Zeit mit der „Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse“ verbunden.

Die URANIA der DDR war die Fortsetzerin der am 3. März 1888 als Aktiengesellschaft gegründeten Berliner URANIA1. Sie ging hervor aus der Berliner Singakademie, in der sich Alexander von Humboldt um 1830 mit naturwissenschaftlich-technischen Erkenntnissen seiner Zeit an die Berliner Bürger wandte, und wurde gefördert von solchen hervorragenden Wissenschaftlern und Erfindern wie Prof. Dr. Wilhelm Foerster, Dr. Wilhelm Meyer und Werner von Siemens. Auch in Quedlinburg wurde am 26. August 1893 im „Bürgergarten“ in der Schmalen Straße während einer von etwa 100 Personen besuchten öffentlichen Volksversammlung nach der Rede des Hutmachers August Heine aus Halberstadt über Arbeiterbildungsvereine einstimmig ein solcher Verein ins Leben gerufen.

In der DDR wurde die URANIA im Juni 1954 gegründet und auf ihrem IV. Kongreß im Januar 1966 in „URANIA - Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse“ umbenannt. In unserem Kreis begann sie 1955 mit ihrer interessanten Arbeit.

Ich beabsichtige nicht, eine Gesamtdarstellung des Schaffens der URANIA zu geben. Vielmehr soll dieses an einigen ausgewählten Aufgaben und Leistungen der Quedlinburger Kreisorganisation dargestellt werden, in der ich von April 1976 bis zum Übergang in den Vorruhestand im August 1990 gewählter Kreissekretär bzw. Geschäftsführer war.

Immerhin konnte in dieser Zeit der Umfang der Vorträge verschiedenster Art je Jahr von ca. 1.800 auf ca. 2.800 erhöht werden. Das wurde durch ein herrliches Kollektiv von Referenten ermöglicht, die manchen Abend vier und mehr Stunden unterwegs waren, um vor den verschiedensten Hörerkreisen im Kreisgebiet und auch in Orten außerhalb des Kreises aufzutreten. Das war möglich durch ein gutes Leitungskollektiv und seinen Vorsitzenden sowie durch ein ausgezeichnet funktionierendes Kollektiv im Sekretariat des Kreisvorstandes.

Wir boten Vorträge in den verschiedensten Bereichen der Natur- und Gesellschaftswissenschaften an, die in einem von den Sektionen erarbeiteten Themenangebot zusammengefaßt waren. Wir betreuten Arbeitskollektive in der Industrie und Landwirtschaft; wir waren vor Ort in den Wohngebieten bei den Veteranen der Volkssolidarität, in den Frauenakademien des DFD, in Jugendveranstaltungen an den Schulen, in den Klubs und Häusern der Jugend. Es erfolgte eine umfassende Betreuung der Urlauber in den FDGB- und Betriebsferienheimen. Wir unterhielten auch die Kinder - von den großen zentralen bis in die kleinsten Kinderferienlager.

Am stärksten stieg die Vortragstätigkeit in der Industrie sowie in den Wohngebieten. In der Industrie erreichten wir eine Verdoppelung von ca. 500 auf ca. 1.000 Veranstaltungen, in den Wohngebieten war ebenfalls eine Verdoppelung von ca. 600 auf ca. 1 200 Vorträge zu verzeichnen. Mehr als eine Verdoppelung gab es in der Landwirtschaft, von ca. 80 im Jahr 1972 auf ca. 190 im Jahr 1988.

Zu den Mitgliedern der URANIA zählten in unserer Kreisorganisation Gesellschafts- und Naturwissenschaftler, die aus den verschiedensten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens kamen: Ärzte - von in Städten und Dörfern praktizierenden Medizinern bis zum Kreisarzt - aber auch Notare, Anwälte und Richter. Zu unseren Referenten gehörten Pädagogen der polytechnischen Schulen und erweiterten Oberschulen, Kollegen aus den Direktoren- und Leitungsbereichen der verschiedensten Betriebe von Industrie und Landwirtschaft. Dazu zählten auch Mitarbeiter vom Rat des Kreises, aus dem Wehrkreiskommando und aus den Kreisämtern der Volkspolizei. Mitglied war auch dieser oder jener Kreissekretär des FDGB. Und so konnte die Aufzählung fortgesetzt werden. Aber die URANIA war keine Massenorganisation. Die Mitgliederzahl in unserem Kreis schwankte zwischen 180 und 210.

Kurze Zeit, nachdem ich zum Kreissekretär gewählt worden war, wurde der bisherige Vorsitzende des Kreisvorstandes in eine andere Funktion berufen. Als neuer Vorsitzender wurde ein erfahrener Leiter, der seine bisherige Tätigkeit aufgrund eines Leidens nicht mehr ausüben konnte, gewonnen. Er stellte an mich und an die Referenten hohe Anforderungen, aber wir arbeiteten ausgezeichnet zusammen, und es herrschte eine sehr gute Atmosphäre. Er leistete eine äußerst zielstrebige Arbeit und spornte auch mich dadurch immer wieder an. Gemeinsam gingen wir in wichtige Betriebe, um z. B. darum zu streiten, daß dort Mitgliedergruppen der URANIA gebildet wurden. Sein Verdienst war es, daß wir nach einigen Diskussionsrunden eine Mitgliedergruppe im Druckguß- und Kolbenwerke Harzgerode aufbauen konnten, die sich zu einer der besten im gesamten Kreisgebiet entwickelte. Vorsitzender dieser Gruppe wurde ein Ingenieur, der Mitglied der DBD war.

Beispielhaft engagierte sich unser Kreisvorsitzender auch bei den Propagandatagen der Jugend. Er beteiligte sich an Diskussionsrunden und versuchte, einen immer größeren Kreis von Jugendlichen zu erreichen.

Die URANIA und das Fernsehen der DDR produzierten gemeinsam Filme zu wissenschaftlich-technischen Fragen. Sie erhielten den Namen „Neue Fernseh-URANIA“ und wurden nach ihrer Ausstrahlung im Fernsehen den Kreisorganisationen übergeben. Unter anderem setzten wir den Streifen „Wie lange reichen die Rohstoffe der Erde?“ in der Mitgliedergruppe des Eisen- und Hüttenwerkes Thale ein. Der Film konnte in diesem Betrieb mindestens hundertmal vor Arbeits-, Jugend- und Leitungskollektiven aufgeführt werden. Aus all diesen Gremien trug die hier aktive Mitgliedergruppe viele, viele Fragen zusammen, z. B.: Was geschieht, wenn die Energiequellen von Kohle, Erdöl und Erdgas im kommenden Jahrtausend erlöschen? Kann an deren Stelle die Sonnenenergie als Wärme- und als Kraftquell genutzt werden? Kann an Stelle der fossilen Energieträger Kernenergie in Form der thermonuklearen Fusion eingesetzt werden? Ist die thermonukleare Fusion technisch beherrschbar? Wenn ja, ab welchem annähernden Zeitpunkt? Sollten nicht Geräte, Maschinen etc. produziert werden, die mit weniger Energie mehr leisten? Und so konnte die Aufzählung fortgesetzt werden. Zur Beantwortung all dieser Fragen führten wir in Abstimmung mit Betriebsgewerkschaftsleitung und Werkleitung eine Großveranstaltung durch, auf der Mitglieder der Betriebsdirektion und ein Vizepräsident der URANIA auftraten, um die vielen gestellten Fragen zu beantworten.

Zwischen unserer Kreisorganisation und der Mitgliedergruppe der URANIA im Eisen- und Hüttenwerk Thale wurde danach ein Vertrag zur Verbreiterung der Wirksamkeit der URANIA bis in die einzelnen Arbeits- und Leitungskollektive, bis hin zu allen Lehrlingen abgeschlossen. Dieser Vertrag wurde auch von der Werkleitung, der Parteileitung und der Betriebsgewerkschaftsleitung des Betriebes unterzeichnet.

Wir sahen es als vorrangige Aufgabe an, das wissenschaftliche Denken, die kooperative Arbeit, den Neuerergeist, die Kreativität sowie die noch engere Verbindung von Wissenschaft und Produktion zu fördern. Gemeinsam erreichten wir eine bessere Zusammenarbeit zwischen der URANIA und allen Bildungseinrichtungen einschließlich der Kammer der Technik. Dem Zusammenwirken der Betriebsakademie und der URANIA verdankten wir auch, daß wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts Manfred von Ardenne aus Dresden auftraten. Außerdem forderte der abgeschlossene Vertrag die Partnerschaftsbeziehungen zwischen den Mitgliedergruppen der URANIA des Eisen- und Hüttenwerkes Thale und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.

Ende der achtziger Jahre legten wir besonderen Wert auf die Vorträge in den naturwissenschaftlichen Sektionen, wie Technikwissenschaften, Chemie, Physik und Mathematik. So wuchs deren Anzahl innerhalb von drei Jahren auf ungefähr das Doppelte. Die Mitgliedergruppe des Druckguß- und Kolbenwerkes Harzgerode popularisierte verstärkt neue Vorhaben im Bereich der Schlüsseltechnologien. Auch in den produktionsvorbereitenden Bereichen des Eisen- und Hüttenwerk Thale wurden im Jahr 1988 zu solchen Fragen 32 Veranstaltungen durchgeführt.

Zu unserer Initiative im Bereich der Technikwissenschaften gehörten Computerlehrgänge in verschiedenen Betrieben, wie dem Kraftverkehr in Ballenstedt, in der Blechverarbeitung in Thale, in der Walzengießerei Quedlinburg, im Gummiwerk in Ballenstedt und anderen Betrieben, auch im Harzbereich, die hier nicht alle aufgezählt werden können.

Ab 1980 wurden regelmäßig Propagandatage der Jugend im Kreis durchgeführt mit dem Ziel, viele Jugendliche in den Betrieben, in den Wohngebieten und in ihren Klubs zu erreichen. Voraussetzung dafür war eine intensive Zusammenarbeit zwischen der URANIA und der Freien Deutschen Jugend. In einem Pressegespräch im Spatsommer 1989 charakterisierte ich den Inhalt der dazu durchgeführten zentralen Veranstaltungen. Sie beinhalteten: einen Vortrag von Professor Dr. Lange von der Pädagogischen Hochschule in Halle zur Entwicklung der Volksbildung in der DDR, zwei Veranstaltungen (Foren) mit Prof. Banse, Vizepräsident der URANIA zur Thematik der Schlüsseltechnologien, einen Vortrag von Prof. Dr. Jackstel, Bezirksvorsitzender des Freidenkerverbandes zum Thema „Was wollen die Freidenker?“. In einer Filmveranstaltung in Thale sprachen wir mit den Jugendlichen über den Film „Grüne Hochzeit“. Als Diskussionspartner nahm an der Veranstaltung ein Vertreter des Progress-Filmverleihs teil. Schließlich referierte Prof. Dr. Fleischhammer von der Martin-Luther-Universität Halle zum Thema „Der Islam in der Gegenwart - Hintergründe und Fakten einer religiösen Renaissance“. In dieser Zeit wurde auch ein neuer Vertrag mit der Kreisleitung der Freien Deutschen Jugend über die Gestaltung der Propagandatage abgeschlossen.

In den Wohngebieten galt unsere Aufmerksamkeit vor allem den Veteranen. Wir pflegten vertragliche Beziehungen zur Kreisorganisation der Volkssolidarität. Monatlich ein bis zwei Mal traten wir mit den verschiedensten Themen vor den Veteranen der verschiedensten Orte auf. Große Aufmerksamkeit wurde den Vorträgen zu Fragen der Medizin, wie z. B. „Das Leben im Alter“, der Rechtspflege, aber auch Reiseberichten entgegengebracht.

Unsere Referenten waren bei den Veteranen, bei den Frauen, bei der Jugend und in den Arbeitskollektiven sehr beliebt. Das zeigte sich darin, daß sie immer wieder zu den verschiedensten Themen eingeladen wurden, was wir auch als Beweis für die Qualität des Inhaltes unserer Vorträge werteten. Viele der Referenten hatten dann lange Zeit Bindungen zu bestimmten Hörerkreisen.

So setzte sich der Leiter des dem Walzwerk Hettstedt gehörenden Betriebsferienheimes Schloß Meisdorf mit dem Kreisvorstand der URANIA in Verbindung und bat darum, einen speziellen DIA-Vortrag für die Urlauber zu erarbeiten, in dem die Geschichte vom Schloß Meisdorf, der Burg Falkenstein und des Selketales sowie die Schönheit der Landschaft ihren Niederschlag finden sollten. Daraufhin wurde dieser Vortrag vom Leiter des Betriebsferienheimes, dem Chronisten der Gemeinde Meisdorf und dem Referenten der URANIA gemeinsam vorbereitet und danach mit den Mitarbeitern des Ferienheimes und Mitgliedern des Kulturbundes Meisdorf sowie den Mitarbeitern der Burg Falkenstein beraten. Er stand danach in ausgezeichneter Qualität wahrend vieler Urlaubs-Durchgänge des Ferienheims, bei Veranstaltungen auf der Burg Falkenstein, in Kinderferienlagern und anderen Zusammenkünften zur Verfügung.

Ähnliche Beispiele konnte ich aus anderen Ferieneinrichtungen im Kreis Quedlinburg berichten.

Seit Mitte der achtziger Jahre wurden in Zusammenarbeit zwischen den Kreis Organisationen des Kulturbundes und der URANIA die „Tage der Wissenschaften“ durchgeführt. Als Referenten konnten Vertreter der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg, des Instituts für Züchtungsforschung Quedlinburg, Mitglieder der Bezirksleitung des Kulturbundes und Referenten der Kreisorganisation der URANIA Quedlinburg gewonnen werden. Es wurden Themen angeboten wie „Die Entwicklung des Eisen- und Hüttenwerkes Thale zum pulvermetallurgischen Zentrum der DDR“, „Die französische Revolution und ihre Auswirkungen auf das deutsche Geistesleben“ oder „Die Biotechnologie und ihre Bedeutung in der heutigen Zeit“. Nicht zu kurz kamen auch Veranstaltungen, die sich speziell mit dem Charakter des Kreises Quedlinburg befassten.

In der URANIA war es auch möglich, über Dinge zu sprechen, die in anderen Veranstaltungen tabu waren. In einer Weiterbildungsveranstaltung mit hauptamtlichen Mitarbeitern der URANIA Mitte der achtziger Jahre referierte ein Professor der Technischen Hochschule Merseburg über die wirtschaftliche Lage in der DDR. Nach seinen Ausführungen stellte ich ihm die Frage nach dem Wachstum der Arbeitsproduktivität und des Produktionsvolumens, nach dem Umfang der Akkumulation und der Investitionen im Vergleich zwischen der DDR und der BRD. Hier erhielten wir die Antwort, daß die DDR in allen Positionen den Kürzeren zog.

Im Frühsommer 1989 begrüßten wir einen Vizepräsidenten der URANIA, der vor Jugendlichen der Erweiterten Oberschule Quedlinburg und vor mittleren Leitungskadern des Eisen- und Hüttenwerkes Thale zu Fragen der Schlüsseltechnologien referierte. In einer anschließenden Zusammenkunft mit Mitarbeitern der Direktion des Werkes und Vorstandsmitgliedern der URANIA erklärte er, daß es aller Wahrscheinlichkeit nach notwendig sei, zwischen der DDR und der BRD auf konföderaler Grundlage zusammenzuarbeiten, da die DDR die wirtschaftlichen Probleme nicht mehr allein zu bewältigen in der Lage sei. Das führte natürlich zu erheblichen Diskussionen.

Beim Auftreten von Referenten vor Arbeits- oder ganzen Betriebskollektiven wurden vor allem ab Mitte der achtziger Jahre immer mehr Kritiken zur Versorgung der Bevölkerung sowie der Materialbereitstellung für die Betriebe laut. Während einer solchen Veranstaltung forderten die Arbeiter und die Betriebsgewerkschaftsleitung vom Referenten der URANIA, die von ihnen vorgetragenen Probleme gewissenhaft zu notieren und der Kreisleitung der SED darüber zu berichten Wir kamen dieser Forderung gern nach, fertigten einen schriftlichen Bericht und lieferten ihn am nächsten Tag bei der Kreisleitung der SED ab. Wenig später erhielten wir zur Antwort, daß diese Dinge momentan nicht von Interesse seien. Eine Antwort auf die gestellten Fragen blieb aus Dadurch litt natürlich auch unsere Glaubwürdigkeit.

Sehr gern erinnere ich mich an ein erstes Zusammentreffen im Sommer 1990 mit dem Vorsitzenden sowie Mitarbeitern und Gästen der „URANIA HAMBURG, kulturelle Film- und Vortragsgesellschaft e. V.“. Sie besuchten anläßlich eines Tagesausfluges die Burg Falkenstein bei Pansfelde, die St Cyriakus-Kirche in Gernrode und den Stadtkern der Fachwerkstadt Quedlinburg. Von seiten des Bezirksvorstandes der URANIA wurde mir die Führung dieser Gäste anvertraut, die von unserer Arbeit auf kulturellem Gebiet offenbar stark beeindruckt waren.

Zur Zeit meines Ausscheidens aus der URANIA kam es zwischen mir und der Leitung des Bezirksvorstandes zu einer Kontroverse. Hervorgerufen wurde sie dadurch, daß, obwohl die DDR noch existierte, Gesetze angewandt wurden, die für die damalige Bundesrepublik Gültigkeit hatten. Da die Lohnzahlung ab Juli 1990 nach den gesetzlichen Regelungen der BRD erfolgte, wurde mein bereits errechnetes Vorruhestandsgeld empfindlich gekürzt. Im Antwortschreiben des Betriebsratsvorsitzenden, an den ich mich zwecks Klärung der Angelegenheit gewandt hatte, klang das dann so:

„Ab Juli gelten nun höhere SV-Beitragssätze und eine neue Lohnsteuertabelle ist in Kraft getreten. Durch diese neuen gesetzlichen Grundlagen ergibt sich eine Reduzierung des Nettolohnes, also auch des Vorruhestandsgeldes.

Der Betriebsrat ist nicht in der Lage, an diesen Festlegungen etwas zu ändern oder eine Erhöhung auf das alte Niveau durchzusetzen. Auch die URANIA kann aus ihren Finanzen nichts tun, da sie z. Z. zahlungsunfähig ist, zur Lohnzahlung bereits Kredit aufnehmen mußte und für alle Mitarbeiter Kurzarbeit angeordnet ist.“

Für die Berechnung meines Vorruhestandsgeldes galt also nur ein Monat meiner beruflichen Tätigkeit, und dann noch der, in welchem ich - berechnet nach bundesrepublikanischen Gesetzen - 90 DM weniger erhielt als in der vorangegangenen Zeit.

Aus den Zeilen des Betriebsratsvorsitzenden ist aber auch zu ersehen, mit welchen Schwierigkeiten die URANIA in der „Wendezeit“ zu kämpfen hatte. Ab Frühjahr 1990 wurde von zentraler Stelle - gemeint ist damit die zuständige Regierung - darauf orientiert, die Anzahl der hauptamtlichen Mitarbeiter in den Kreisorganisationen der URANIA zu reduzieren, und es begann die Streichung von finanziellen Mitteln. Bereits Ende 1990 waren viele Kreisorganisationen nicht mehr in der Lage, die Arbeit dieser von breiten Kreisen der Bevölkerung angenommenen Bildungsorganisation mit ihrer vielseitigen und interessanten populärwissenschaftlichen Wirkungsweise fortzusetzen.

Die heute in ca. 25 bis 30 Kreisen der neuen Bundesländer anzutreffenden eingetragenen Vereine der URANIA stellen sich als Vortrags- und Filmgesellschaften dar. Ihre Tätigkeit kann jedoch mit der URANIA vor der „Wende“ nicht verglichen werden. In der DDR war sie in allen Kreisen zu Hause. Gegenüber der damaligen Arbeitsbreite führt sie heute ein Schattendasein. (Mit dieser Bemerkung möchte ich die Leistungen der heute noch tätigen Referenten jedoch nicht herabwürdigen.)

Die Tätigkeit in der Kreisorganisation Quedlinburg der „URANIA - Gesellschaft zur Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse“ bleibt mir als eines meiner interessantesten Arbeitsgebiete in steter Erinnerung.

Horst Lange


1 Im Griechischen eine der neun Musen, der Schutzgöttinnen der Künste und Wissenschaften


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