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Helmut Hauck

Liebet Eure Feinde - oder bewirtet sie wenigstens ordentlich!

Viele Umstände prägen unser Leben. Manche kann der einzelne beeinflussen, manche kaum oder nicht. Mein Leben ist wohl am stärksten von Kriegen und ihren Folgen bestimmt worden. Ich möchte deshalb, wenn es um Erfahrungen für die Zukunft geht, meine gewiss noch utopische Vision von einer friedlichen Welt schildern. Der Kürze wegen werde ich dabei nur bruchstückhaft einige biografische Daten, Erlebnisse und Beobachtungen aus meinem Lebensweg verarbeiten. Nehmen wir einmal an, mein Leben wäre von keinem Krieg beeinflusst worden, so wäre ich in einer total anderen Welt aufgewachsen und ein völlig anderer Mensch geworden. Doch die Frage: "Was wäre, wenn ...?" ist in der Geschichte sowie im persönlichen Leben spekulativ oder rein hypothetisch und macht wenig Sinn. Verzichten wir also auf Science Fiction, und wenden wir uns den Realitäten zu.

Schon meine Eltern waren vom Leben nicht verwöhnt worden. Mein Vater stammte aus der Familie eines Schuhmachers, den die aufkommende Industrie um seine Existenz gebracht hatte. Um seine sechs Kinder zu ernähren, ging er in der Stadt Laternen putzen, das bedeutet, jeden Tag bzw. jede Nacht die Gaslaternen anzuzünden und zu löschen, sauber und in Ordnung zu halten. Auch die Kinder mussten dabei helfen. Meine Mutter kam aus einer niederschlesischen Bergmannsfamilie. Die sieben Geschwister waren gezwungen, sehr früh zu lernen, warum nur der Ernährer der Familie einmal in der Woche, sonnabends, ein Stück Wurst bekam.

Meine Eltern hatten sich kennen gelernt, nachdem mein Vater aus dem Krieg kam. Er war im Ersten Weltkrieg mit 18 Jahren an die Front geschickt worden und kehrte mit einer schweren Kopfverletzung heim. Nach dem Krieg, noch dazu einem verlorenen, hatte bei der hohen Arbeitslosigkeit und der extremen Inflation niemand an einem Kriegopfer Interesse. Selbst die geringe Kriegsentschädigung fiel, noch bevor sie wirksam wurde, den so genannten Brüningschen Notverordnungen zum Opfer. Um seine Familie zu ernähren, musste mein Vater folglich besonders hart arbeiten. Für ein Taschengeld erledigte er bei einer Telefonfirma den Entstörungsdienst und fuhr mit öffentlichen Verkehrsmitteln durch fast ganz Niederschlesien zu den Kunden. Für seinen kranken Kopf glich das einer dauernden Folter. Um für die Kunden ständig erreichbar zu sein, war meine Mutter ohne Entgelt bei Tag und Nacht, Woche wie Sonntag ans Telefon gefesselt und ersparte so der Firma eine Bürokraft.

Als ich 1930 in Waidenburg, im niederschlesischen Kohlerevier, das Licht der Welt erblickte, sah es dort recht trübe aus, und vielleicht versuchte ich deshalb einige Male, mich bald wieder zu verabschieden.

Es war ein Notstandsgebiet, eine der ärmsten Gegenden Deutschlands, denn die extrem schweren Förderbedingungen der niederschlesischen Kohle und die hohen Transportkosten nach Mitteldeutschland ermöglichten eine Konkurrenz mit der Ruhrkohle nur zu Lasten der Bergleute. Doch der soziale Notstand hatte auch eine positive Seite. Sowohl die Arbeit unter Tage als auch die Not der Familien verlangten Hilfsbereitschaft und Solidarität und förderten eine Art urchristlicher oder urkommunistischer Lebensformen, mit denen auch wir Kinder heranwuchsen.

Meine Eltern waren sehr bemüht, die täglichen Sorgen und die Auswirkungen der Krankheit meines Vaters von uns Kindern fernzuhalten und uns eine möglichst unbeschwerte Kindheit zu sichern, was ihnen auch weitgehend gelang. Dennoch empfand ich als Kind immer eine unbestimmbare Last und ein Mitleiden mit meinen Eltern. Es konnte niemandem verborgen bleiben, dass mein Vater häufig unter Schmerzen und Depressionen litt, so dass sogar von verschiedener Seite versucht wurde, ihn für nicht ganz normal zu erklären. Hatte er doch zum Beispiel, von seinen Alpträumen berichtend, das Einstürzen der Gebäude seiner Firma in Berlin prophezeit. Von den Nazis wurde ihm dann ein Betreuer zugeteilt, der den Kriegsmüden durch das Stecken von Fähnchen auf der Karte für den siegreichen Vormarsch der Wehrmacht begeistern sollte. Dass die Fähnchen nicht lange gebraucht wurden, da Blitzkrieg und Vormarsch bald vorbei waren, sei nur am Rande vermerkt, wie auch, dass der Volksgenosse Betreuer am Ende von Rotarmisten aus einem Gully gezogen wurde, in den er sich aus Angst zitternd verkrochen hatte.

Meine Eltern waren sehr um unsere gute Erziehung und Bildung bemüht, damit es uns einmal besser ginge. Jedoch auch um die Schule hatte der Krieg keinen Bogen gemacht. Selbst der einzige Lehrer, den ich aus den ersten Schuljahren in angenehmer Erinnerung behielt, erzählte mehr von seinen Kriegserlebnissen, als dass er unterrichtete. Außerdem interessierte uns mehr als sein Unterricht, wie er mit einem Steckschuss in der Lunge leben konnte. Insgesamt habe ich das Gefühl, dass ich mein Wissen größtenteils nicht in der Schule, sondern anderswo und später erworben habe, zumal mein Schulbesuch im Zweiten Weltkrieg noch viel gestört und schließlich abgebrochen wurde. Große Bedeutung für mein ganzes Leben hatte meine enge Verbindung zur Natur. Sie ergab sich nicht nur aus unserer schönen herben Gebirgslandschaft, sondern vor allem daraus, dass ich einen Teil meiner Kindheit in unserem großen Garten verbrachte. Um die Miete zu sparen, wohnten wir nämlich, wenn auch ohne elektrisches Licht, mehrere Jahre in unserer bescheidenen, aber gemütlichen Gartenlaube, die mein Vater winterfest machte und mit Materialabfällen ständig verbesserte. Dass unsere Behausung immer vielen Menschen offen war und selbst Bekannte und Verwandte bei uns ihren Urlaub verbrachten, bereicherte meinen sozialen Kontakt. Durch den Umgang meiner Eltern mit Menschen verschiedener weltanschaulicher und religiöser Orientierung wuchs ich relativ freigeistig auf. Diese Entwicklung wurde noch dadurch verstärkt, dass meine Eltern ihre kirchlichen Bindungen aufkündigten. Der Glaube meines Vaters, der aus streng katholischem Elternhaus stammte, war wohl an der Front im Trommelfeuer und durch die Granate, die seine Stellung traf, mit verschüttet worden. Als nach dem Krieg noch der Gerichtsvollzieher kam und seine spärliche Habe in Augenschein nahm, um die ausstehende Kirchensteuer zu pfänden, erklärten meine Eltern ihren Austritt aus der Kirche. Seitdem bin ich konfessionslos. Meine Unabhängigkeit von kirchlichen Strukturen habe ich mir bis heute bewahrt, was mir einen unvoreingenommenen Umgang mit allen Glaubensrichtungen ohne Berührungsängste erleichtert. Die Ablehnung des Nationalsozialismus erwuchs in unserer Familie schon durch die Verurteilung von Krieg und Gewalt. Sie blieb rar meine Eltern nicht ohne Folgen.

Was mich betrifft, so war ich noch keine drei Jahre alt, als die Nazis die Macht ergriffen. Ein Politikverständnis war da noch ausgeschlossenen. Aber ich erinnere mich dennoch an zwei Vorfalle im Kleinkindalter, die mich unangenehm berührten. Ich ging noch nicht zur Schule und spielte draußen, als mir eines Tages mein Großvater eine glänzende Anstecknadel schenkte, die er auf der Straße gefunden hatte. Freudig lief ich zu meiner Mutter und war sehr erschrocken von der Heftigkeit, mit der sie mir das Abzeichen wegnahm. Zugleich war ich betrübt wegen der großen Schimpfe, die mein Großvater dafür bekam, dass er mir eine Freude machen wollte.

Nach vielen Jahren erfuhr ich von meiner Mutter, dass es sich damals um eine Plakette der KPD gehandelt hatte, die schon verboten war und verfolgt wurde.

Eine ähnliche Betroffenheit empfand ich ein anderes Mal, nachdem ich neben unserer Haustur mit einem Ziegelbrocken mühevoll ein Rechteck rot ausgemalt hatte, das man wohl für eine Fahne halten konnte. Ich hatte mir nichts dabei gedacht und mich nur gefreut, dass ein Ziegelbrocken so gut malte. Warum meine Mutter so erschrak und mein "Kunstwerk" hektisch auslöschte, konnte ich ebenso wenig begreifen, wie ihre Forderung, so etwas in Zukunft zu unterlassen. Es war für uns Kinder auch spürbar, dass unsere Eltern, die im Allgemeinen zu uns offen und ehrlich waren, etwas ängstlich vor uns verbargen und mit anderen tuschelten.

In der Schule wurden die Fronten dann klarer, und jeder musste sich selbst bewahren lernen. Anfangs traten in meiner Klasse etwa fünf oder sechs Kinder von Nazifunktionären in Erscheinung. Sie trugen meist Uniform, und manchmal bedauerten wir Mitschüler sie sogar, da sie auf Geheiß der Eltern nicht an allem, zum Beispiel am Aufbau einer Weihnachtskrippe, teilnehmen durften. Andererseits empörte uns, dass viele Kinder von Nazis offenbar Narrenfreiheit besaßen und auf der Straße, aber auch in der Schule sich allerlei Frechheiten erlaubten, ohne dass jemand einschritt. Schleichend, doch aber verhältnismäßig schnell vollzog sich in der Schule ein Stimmungsumschwung, und bald hatten einige rüde Lehrer und die zunehmende Zahl der Kinder von Nazis das Sagen. Dazu kam, dass der Unterricht und das Leben an der Schule mehr und mehr von Kriegsinhalten beherrscht wurden.

Nach Kriegsbeginn wurde mein Vater, weil er nicht kriegstauglich war, als Zivilhandwerker auf den Breslauer Flughafen kriegsdienstverpflichtet. Wir folgten ihm in die Großstadt und verließen ungern unsere Gartenidylle. Der Wechsel der Schule und das Stadtleben brachten auch für mich neue Herausforderungen. Eine davon waren die viel häufigeren und umfangreicheren HJ-Appelle, -Aufmarsche und Kriegsspiele, vor denen ich mich schwerer drucken konnte als bisher. Da meine Eltern mir weniger aus finanziellen Gründen nie eine HJ-Uniform kauften, mussten wir wenigen Zivilisten uns stets im hintersten Glied klein machen, um das Formationsbild nicht zu stören. Dafür waren wir im Räuberzivil bei den nach den Appellen organisierten Raufereien immer die ersten, die verprügelt wurden. Die Lücke meiner ausgeschlagenen Schneidezähne wurde zum bleibenden Andenken. Die grobe Jugendzahnpflege wird mir durch die rot-grüne Gesundheitsreform jetzt noch einmal in Rechnung gestellt.

Der Beginn des Zweiten Weltkrieges brachte mir bald auch eigene Kriegserfahrungen, denn bis dahin hatten mich nur die Folgen bisheriger Kriege erreicht.

Kaum hatte der Reichsluftmarschall Göring getont, er wolle Meier heißen, wenn auch nur ein feindliches Flugzeug deutsche Grenzen überflöge, als in der Nahe meiner Schule ohne Vorwarnung aus heiterem Himmel einige Bomben einschlugen und der Unterricht in einer Staubwolke endete. Schulfrei hatten wir bisher immer nur bei Versenkung feindlicher Schiffe oder anderen Siegesmeldungen erhalten. Tote hatte es bei dem Bombenangriff angeblich keine gegeben. Die ersten Ausgebombten wurden wie Helden gefeiert und reichlich entschädigt. Über den Vorfall und die vermeintliche Hinterhältigkeit der Feinde wurde viel spekuliert. Bald war das alles aber vergessen, und der tägliche, mehr noch nächtliche Gang in den Luftschutzkeller wurde Routine, wie auch das Sammeln von Granatsplittern als neues Hobby. Die älteren Schulkameraden erhielten eine Ausbildung zur Heimatflak und durften bald selbst Granaten verschießen und die Bomber auf sich lenken.

Der Unterricht wurde nicht nur durch Luftalarm, sondern auch durch Brandschutz -und andere Übungen immer häufiger unterbrochen. Da die Krankenhäuser zur Unterbringung von Verwundeten nicht mehr ausreichten, wurden auch zunehmend Schulen belegt. Die schrecklich verstümmelten Soldaten, die man immer weniger vor der Öffentlichkeit verbergen konnte, stimmten nachdenklich. Am bedruckendsten fand ich die vielen ansonsten gesunden Soldaten, denen beim Blick aus dem Schützengraben Scharfschützen den Unterkiefer weggeschossen hatten. Man wagte kaum an ihr zukünftiges Leben zu denken.

Von der Front brachten Verwundete und Urlauber immer schrecklichere Nachrichten. Immer öfter hieß es: "Wenn die mit uns das machen, was wir mit denen gemacht haben, dann sollten wir uns lieber gleich das Leben nehmen!" Die Zeit, wo eine Welle von Selbstmorden einsetzte, ließ mit dem Naherrucken der Front nicht lange auf sich warten. Der tägliche Frontverlauf wurde bald nach dem Kanonendonner geschätzt.

Das Näherkommen der Kampfhandlungen führte auch zu großen Fluchtbewegungen. In Breslau erlebten wir, wie über Nacht vor allem Nazibonzen und Geldleute mit vollgepackten Fahrzeugen die Stadt in Richtung Westen verließen. Sie schleppten nicht nur ihre, beziehungsweise von Juden oder im Ausland geraubte Wertsachen, sondern oft ihre gesamte Wohnungseinrichtung mit. In der Stadt zurückgehalten wurden einfache Bürger, vor allem Jugendliche, noch kriegstaugliche Männer jeden Alters und selbst Frauen, die als Kanonenfutter zur Verteidigung der zur Festung erklärten, offenen, nicht mit Wehreinrichtungen ausgestatteten Stadt gebraucht wurden. Bei meiner Musterung fehlten noch ein paar Monate zum 14. Lebensjahr, und so gelang es meinen Eltern, eine Zurückstellung von der Rekrutierung zu erwirken. Anfang Dezember 1944 begann die Rote Armee den Ring um Breslau zu schließen und enger zu ziehen. Außer Luftangriffen gab es nun auch ständig zunehmenden Artilleriebeschuss.

Hier sei mir einmal die Frage erlaubt, was wäre eigentlich Schlimmeres mit Breslau passiert, hatte man ähnlich wie in Greifswald die Russen kampflos in die Stadt gelassen?

Neben etwas mehr Beutegut zur Wiedergutmachung wäre sicherlich das Besäufnis nach der ausgefallenen Schlacht etwas großer als sonst geraten, denn es hatte wohl mehr Teilnehmer, mehr Proviant und bessere Behausungen gegeben.

Doch eine solche Losung war damals nicht zu erwarten.

Um die Weihnachtstage 1944 unternahm meine Mutter mit dem Rest der Familie den Versuch, die Festung Breslau in Richtung Osten zu verlassen. In einer mehrtätigen Flucht gelang es uns schließlich unter großen Strapazen, bei strengem Frost aus der Stadt herauszukommen und mit einem der letzten sich planlos dahinschleppenden Bummelzuge unseren früheren Wohnort zu erreichen. Dort wurden wir mit noch anderen Flüchtlingen von Verwandten und Bekannten aufgenommen. Meine älteste Schwester war schon beim Reichsarbeitsdienst irgendwo durch Frontverschiebungen versprengt worden, und mein Vater durfte die Festung nicht verlassen. Ihm gelang es erst einige Wochen später, unter dem Vorwand, einen Außenposten aufsuchen zu müssen, alle Militärkontrollen zu passieren und über die Frontlinie zu entkommen. Querfeldein schlug er sich bei hohem Schnee und großer Kalte mit einem Fahrrad die rund 70 km bis zu uns durch.

Von den Gebirgshängen in der Nahe unserer Flüchtlingsunterkunft konnten wir das pausenlose Grollen der Kampfhandlungen um Breslau wahrnehmen und am Horizont den Feuerschein der brennenden Stadt sowie die auf uns zukommende Front beobachten. Immer häufiger beschafften sich Soldaten aus den Verteidigungsstellungen in unserer Umgebung Zivilkleidung und flohen. Wir wurden Zeugen zunehmender standrechtlicher Erschießungen. Dass die Schützengräben sich leerten, sahen wir mit gemischten Gefühlen, waren aber eher froh, wenn die Russen bei uns auf keinen großen Widerstand stoßen wurden. Um unsere Verwandten zu entlasten und die Zahl der Flüchtlinge in ihrem Haus zu verringern, richteten wir uns notdürftig unsere ehemalige Gartenlaube wieder her. Bei unserer Flucht hatten wir nichts mitnehmen können, und es fehlte an allem. Der Winter dauerte noch an, und ich hatte nicht genügend anzuziehen. Die Ironie des Schicksal wollte es, dass mir nichts anderes übrig blieb, als in die Hose und Jacke einer weggeworfenen HJ-Winteruniform zu schlüpfen. Obwohl wir alle Symbole abgetrennt hatten, weckte die dunkle Bekleidung in mir unangenehme Erinnerungen und besonders in Erwartung der Russen beklemmende Gefühle.

In den ersten Maitagen 1945 besetzte die Rote Armee nach kurzen Gefechten unsere Gegend. Eine Einheit bezog in der geräumten Beamtensiedlung gegenüber unserer Gartenlaube Stellung. Für uns unerwartet erweckte unsere für deutsche Verhältnisse recht ungewöhnliche proletarische Behausung schnell das Vertrauen der Russen, und so wurden wir sofort von der Truppe vereinnahmt. Gut ein Jahr lang verrichtete unsere ganze Familie fast ohne Ruhepause jede mögliche und unmögliche Arbeit. Dafür erhielten wir aus der Truppenküche restliches Essen und brauchten uns um Verpflegung nicht zu sorgen. Wir bekamen guten Einblick in ein anderes Leben und Denken. Geringe Fehler oder Missverständnisse hatten uns aber auch wegen eines möglichen Verdachts auf Sabotage teuer zu stehen kommen können. So brachte z. B. Gasgeruch in einem Haus einen anderen Deutschen in große Schwierigkeiten. Mangelnde Sprachkenntnisse konnten leicht zum Problem werden. Einmal gleich zu Beginn unserer Arbeit bei den Russen brachte ein Soldat meiner Mutter unter anderem eine russische Uniform. Da sie glaubte, die sei für mich statt der Anstoß erregenden ehemaligen HJ-Kleidung, überlegte sie, wie sie mir diese Uniform abändern könne. So schnell schon wieder in eine fremde Uniform zu wechseln war mir zuwider, und so zog sich die Sache zum Gluck einige Tage hin. Wie sich bald herausstellen sollte, war die Uniform nur zum Waschen gedacht, und was hatte wohl alles passieren können, wäre ich in ihr bei der Truppe erschienen oder hatten wir sie abgeändert?

Bei unserer Arbeit waren wir von vielen Informationen abgeschnitten, und so wussten wir Ende 1945 noch nicht, dass das Gebiet, in dem wir östlich der Oder und Neiße lebten, den Polen zur Besiedlung zugedacht war. Wir verspurten anfangs ein wohl damit verbundenes Machtvakuum oder eine Art Doppelherrschaft. Versprengte Angehörige von SS oder Wehrmacht, ehemalige Kriegsgefangene, Ost-Arbeiter, Häftlinge, polnische Vorauskommandos, Flüchtlinge und wer weiß wer noch streifte mehr oder weniger offen oder bandenmäßig durch die Gegend. Dazu lagen die Wälder noch voller Waffen jeder Art. Rote Armee und polnische Miliz suchten für Ruhe und Ordnung zu sorgen und gingen gegen Plünderer und Marodeure vor, soweit sie nicht selbst daran beteiligt waren. Nicht selten kam es zu Schießereien und Opfern, obwohl der Krieg schon zu Ende war. Einige Male musste auch unsere Behausung am Rande der sowjetischen Armeeeinheit gegen Übergriffe verteidigt werden, und wir gerieten in einen Schusswechsel, ohne viel tun zu können.

Eines Nachmittags jedoch, als zufällig einmal kein Wachposten zur Stelle war, drängte eine Gruppe erschreckend aussehender Fremder in unsere Wohnlaube. Noch bevor die Eindringlinge alles umzustülpen vermochten, warf meine Mutter ein Tuch über den Tisch und stellte alles, was wir an Essen besaßen, darauf. Von der unverhofften Gastlichkeit offenbar überwältigt, nahmen die ungebetenen Besucher Platz und begannen nach kurzer Verlegenheit geräuschvoll und gestikulierend zu speisen. Das Furchterregende schien dabei von ihren Gesichtern zu fallen, und nachdem sie sich gestärkt hatten, erhoben sich die Gaste und strebten mit einer Geste der Verabschiedung dem Ausgang zu, als ob sie mit ihrem Schamgefühl kämpften wegen der bösen, Absicht, mit der sie offenbar bei uns eingedrungen waren. Irgendwie waren wir auch verdutzt und aufgewühlt. Erst viel später wurde uns der Vorfall richtig bewusst. Großherzigkeit und Gute wecken gewiss eher Gefühle der Menschlichkeit als Grobheit und Gewalt. An diese ungewöhnliche spontane Begegnung mit fremden Menschen musste ich später bei zahlreichen Freundschaftstreffen in anderen Ländern manchmal denken, wenn eine gedeckte Tafel fremde Menschen einander naher brachte. Bei Speise und Trank stellten sich über Sprachbarrieren hinweg immer sehr schnell Wohlgefühl und Entgegenkommen ein.

Unser Aufenthalt in Schlesien dauerte noch bis zum Sommer 1947. Im August siedelten uns die Polen mit dem, was wir tragen konnten, nach Deutschland aus. Bei den Massentransporten, die mal nach Ost-, mal nach Westdeutschland gingen, konnten Familien schnell zerrissen werden. Mit den weißen Armbinden, die zu tragen uns die Polen verpflichtet hatten, waren wir Deutschen leicht zu erkennen und konnten schnell überall festgehalten und von der Familie getrennt werden. Bis auf meine zweite Schwester, die schon vor uns nach Deutschland abtransportiert worden war, kamen wir anderen Familienmitglieder über die üblichen Auffanglager und nach Quarantäne in die Umgebung des stark zerstörten Dresden. Dort begann eine neue Etappe unseres Flüchtlingslebens. Es wurde für alle Familienangehörigen eine sehr schwere Zeit.

Um möglichst schnell die Familie zu entlasten und auf eigenen Füßen zu stehen, bemuhte ich mich mit den unvermeidlichen Umbrüchen und Sprüngen um einen Schulabschluss, um Berufsausbildung und schließlich einen Beruf. Nach einem Lehrgang für Russischlehrer begann ich an einer Schule zu arbeiten. Der Wunsch, die Völkerverständigung zu fordern und einen Beitrag für ein friedliches Zusammenleben zu leisten, wurzelte in meinen Kriegserlebnissen. Dieser Standpunkt ist mir auch heute noch wichtig.

Nach nur kurzer Zeit im Schuldienst bat mich der Kreisschulrat vertraulich, den sowjetischen Militärberatern in der Kasernierten Volkspolizei ehrenamtlich Deutschunterricht zu erteilen. Da mir der Umgang mit Russen nicht neu war und ich auch so meine Sprachkenntnisse zu verbessern gedachte, entsprach ich der Bitte. Nach einiger Zeit wurde aus der ehrenamtlichen Tätigkeit 1952 eine Delegierung als Dolmetscher in die zukünftige Nationale Volksarmee. Ohne militärische Vorbildung begann ich meinen Dienst als Offizier. Meine bisherige Abneigung gegen Uniform und Militär konnte ich leichter verdrangen, weil der Kalte Krieg und die westliche Aufrüstung zum Teil unter Führung unrühmlich bekannter Nazi-Offiziere ein Gegengewicht in der DDR notwendig erscheinen ließen.

Der Umgang mit den Beratern und letztlich auch meine Sprachkenntnisse führten dazu, dass ich 1955 zur Ausbildung in die Sowjetunion geschickt wurde. Der Aufenthalt in diesem Land war sehr lehrreich und bot viele positive und negative Einblicke. Neben dem Kennenlernen großer theoretischer und kultureller Leistungen sowie der überwältigenden Gastfreundschaft offenbarte die gesellschaftliche Praxis krasse Widerspruche. Einerseits beeindruckten beispielsweise gewaltige, reich verzierte Hochhäuser, andererseits saßen an ihrem Fuße Kriegskrüppel und bettelten um Almosen zum Überleben. Wenn dann noch die Miliz kam und sie ihres Platzes verwies, brach für die meisten von uns Gasten eine Welt zusammen. Verstärkt wurde das Ganze noch durch Begegnungen mit Kriegsveteranen, die, nachdem sie bis zum letzten Blutstropfen für ihre Heimat gekämpft hatten und aus deutscher Kriegsgefangenschaft oder dem KZ geflohen waren, nach ihrer Rückkehr als Verräter in Straflager verbannt wurden. Nach Stalins Tod kehrten viele von denen, die überlebt hatten, in die Öffentlichkeit zurück und setzten sich wieder aktiv für ihr Land ein.

N. S. Chruschtschow, der bei dem wachsenden Druck in der Gesellschaft die Flucht nach vorn antrat und auf dem XX. Parteitag der KPdSU erstmals einen Großteil der Stalinschen Verbrechen offen legte und verurteilte, sprach auch uns, die wir nur vorübergehend in dem Land lebten, aus dem Herzen.

Durch die längere Abwesenheit von der Situation in der DDR etwas entfremdet, ahnte ich nicht, dass das in der Sowjetunion beginnende so genannte Tauwetter die DDR nie erreichen sollte und überhaupt auch nur von kurzer Dauer sein wurde. Noch weniger war ich zu dieser Zeit in der Lage vorauszusehen, dass ich in das Räderwerk politischer Auseinandersetzungen geraten werde, weil ich die Kritik am Stalinismus befürwortete und die Losung ernst nahm: "Von der Sowjetunion lernen heißt siegen lernen!"

In der deutschen Gruppe waren einige mit dem Aufenthalt in der Sowjetunion nicht zufrieden. Und so, wie im Altertum zuweilen der Überbringer einer schlechten Nachricht hingerichtet wurde, bekam ich völlig widersinnig, nur weil ich auf Grund meiner besseren Sprachkenntnisse als Vermittler der Probleme mehr in Erscheinung trat, die Schuld für einige negative Vorkommnisse zugeschoben. Nach einem echt stalinistischen Verfahren erfolgte 1957 meine Abberufung aus der Sowjetunion, meine Bestrafung und der Hinauswurf aus der Armee. Dazu erhielt ich Berufsverbot und war zu körperlich schwerer, gesundheitsschädigender Arbeit mit einem Hungerlohn verurteilt. Dennoch war ich nicht mehr bereit, nach meiner Rehabilitierung in die Armee zurückzukehren.

Solche Erlebnisse können einen Aha-Effekt auslosen, was bei mir der Fall war.

Ich begann zu verstehen, dass ein Sozialismus, wie ich ihn in der Sowjetunion erlebt hatte und durch die eigenen Vorgesetzten zu spuren bekam, keine Perspektive haben kann. Wenn Ehrlichkeit und Hingabe für sozialistische Ideale durch Machtmissbrauch und Willkür erdrosselt werden, kann der Untergang eines solchen Systems nur eine Frage der Zeit sein.

Noch einmal keimte auch in mir 1985 mit Michael Gorbatschow die Hoffnung einer grundlegenden Reform des realen Sozialismus auf. Leider wurde aber bald ersichtlich, dass ohne ein klares Konzept, allein mit klugen Worten und Inkonsequenz, die alten Machtstrukturen und Gewohnheiten nicht zu überwinden sind. Die Bestätigung dieser bitteren Erkenntnis ließ nicht lange auf sich warten. Um beim Thema Krieg -Frieden zu bleiben, will ich die bei uns 1989 eingetretene so genannte Wende nur in bezug auf das fast lautlose Verbleichen der Nationalen Volksarmee der DDR ansprechen. Zum einen mag das sang- und klanglose Abtreten dieser rund um die Uhr für den Ernstfall getrimmten, modern ausgerüsteten Armee ohne einen Schuss Pulver ein Glücksfall der Geschichte gewesen sein, zum anderen ist es mir eine nochmalige Bestätigung meiner Feststellung, dass Armeen nicht dazu taugen, ihre Bevölkerung vor Ungemach zu schützen. Wenn dem so ist, dann hatte statt des großen Geld-, Kraft- und Zeitaufwandes für die so genannte Volksarmee jeder Bürger mehr Wohlstand, Freizeit, ein modernes Auto, Reisefreiheit und anderes haben können. Vielleicht waren dann mehr Bürger gekommen statt gegangen, und die Mauer hatte auf der anderen Seite gestanden.

Ich weiß, dass das zu simpel ist, aber es ist ja auch schon Vergangenheit. Denken wir lieber an die Zukunft!

Um keinen Stilbruch zu erleiden, will ich mal simpel bleiben und aus der Vergangenheit meine gewiss utopische Zukunftsvision herleiten: Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg und die NVA haben mir gezeigt, dass Armeen nicht das halten, was sie versprechen, nämlich den Bürgern Frieden und Sicherheit zu geben.

Bewahren wir die Soldaten also vor einem Meineid, schicken wir sie nach Hause!

In der Regel, wenn alles Pulver verschossen und die Soldaten verheizt sind, muss am Ende doch die Bevölkerung die Kastanien aus dem Feuer holen, die Trümmer wegräumen, die Reparationen bezahlen und die Besatzer befriedigen.

Wozu futtern wir dann erst dieses Monster Armee mit unseren Steuergeldern?

Was soll dieser unnutze Umweg? Verteilt die jährlich für die Armee im Staatshaushalt geplanten Milliarden gerecht an die Bürger und überlasst ihnen auch ihre vermeintlichen Feinde, noch bevor die Armee alles beschossen, beschissen und alle sehr böse gemacht hat! Von dem so aufgebesserten Wohlstand sollten wir es uns dann leisten, ein-, eventuell auch zweimal im Jahr landesweit eine Art Oktoberfest zu feiern, wozu wir auch unsere Feinde zu Freibier und Bratwurst einladen. Ich bin überzeugt, beim Toasten und Prosten wird es keine allzu großen Verluste geben. Sollten unsere Feinde unserem guten Beispiel folgen, dann wurden Sie aus ihrem Staatshaushalt etwas zu unserem Fest beisteuern oder uns zu einem Gegenbesuch einladen. An kleine Erinnerungsgeschenke sollte auch gedacht werden. Um Rüstungslobby, einige Generalstäbler und Politiker, die ja als einzige am Krieg immer viel verdienen, nicht gleich vor den Kopf zu schlagen, wäre zu überlegen, ob nicht ihre Unterbringung in einer Auffanggesellschaft für Serviceleistungen sinnvoll wäre. Sie haben reiche Erfahrungen im PR-Geschäft, in Organisation, Transport, Ver- und Entsorgung, die unserer Sache nützen. Ein mehrsprachiges Gesprächsbuch für Toaste und Proste könnte ein erster Auftrag sein. Ein paar gewohnte Orden und Ehrenzeichen für den Dienst an Volk und Vaterland würden bei der Einsparung von Verlusten an Menschen und Material locker mit herausspringen.

Vom friedenstiftenden Erfolg solcher Art Aktion bin ich voll überzeugt, denn ich habe in meinem Leben festgestellt, dass fast alle Menschen dieser Welt lieber toasten und prosten als abmurksen oder sich abmurksen lassen.

Na, dann versuchen wir es doch mal, - Prost!

Spinnerei, werden Sie sagen, aber warum eigentlich? Lassen wir mal die Ironie beiseite, bleibt da nicht ein realer Kern, etwas Erstrebenswertes, eben eine Zukunftsvision? Wer oder was spricht denn dagegen?

Aber wie leicht ist es doch, sich über Vergangenheit und Zukunft zu äußern. Wo bleibt jedoch unsere Gegenwart?

Noch vor kurzem hieß es in Deutschland "Nie wieder Krieg!" Hatten wir nicht historisch guten Grund und moralisch die Pflicht, das den Völkern gegebene Versprechen, dass Deutschland nie wieder Krieg führen wird, zu halten?! Wer konnte so schnell vergessen, und warum? Terror ist kein Argument, denn er ist mit Antiterrorkrieg nicht zu bekämpfen, der Beweis wird täglich erbracht! Regierungsoffiziell wurde jetzt mitgeteilt, dass wir, da wir nicht mehr von Feinden umgeben sind, uns auf entferntere Kriegsschauplätze begeben werden. Unversehens bin ich gegen meinen Willen nun wieder zum Kriegsteilnehmer oder besser Kriegsgefangenen mutiert.

Was haben wir für eine seltsame politische Mathematik, in der eine Minderheit von 2 bis 3 Abgeordneten zur Mehrheit wird und Millionen Kriegsgegner stimmlose Minderheit sind? Bedürften nicht Entscheidungen über Kriegsbeteiligung mindestens einer Volksabstimmung?

Der Krieg war in der ganzen Geschichte der Menschheit noch nie so sinnlos und unmoralisch wie heute!

Es gab Zeiten, da schien der Krieg noch ein Naturgesetz zu sein, und man konnte mit ihm noch Lebensfragen von Menschen, wie zum Beispiel den Schutz des Lebensraumes vor fremden Horden, regeln. Was für Kriege waren das noch, als man Kriegserklärungen für nötig hielt und der Aufmarsch der gegnerischen Truppen fast mit bloßem Auge zu beobachten war. Da waren Kriege und ihre Folgen noch relativ begrenzt und überschaubar.

Kriege haben jetzt auch den letzten Rest einer ethischen und moralischen Rechtfertigung verloren, da Tarnkappenbomber, Flügelraketen und dergleichen fast unbemerkbar und unerreichbar weltweit operieren und beliebige zur Wehrlosigkeit verurteilte Ziele einfach auslöschen können, da die Sprengkraft ausreicht, den Erdball vielfach zu vernichten.

Welchen Sinn kann es haben, die Auslöschung allen Lebens auf der Welt zu riskieren, nur um virtuelle Geldgewinne und Zahlenmystik an Börsen zu betreiben?

Mut und Tapferkeit waren noch Tugenden und Ritterlichkeit gefragt, als der Kriegsherr vor dem Heer herzog und seinem Gegner die Lanze noch selbst in die Brust stieß. Die heutigen Bushmänner sitzen nicht im Busch oder Pferdesattel, sondern bequem im Lehnstuhl und dirigieren, einem Computerspiel gleich, ihre Söldner vom Bildschirm aus. Sie duellieren sich mit ihrem Gegner in Fernsehshows, während ihre Opfer Höllenqualen erleiden.

Womit kann Krieg folglich überhaupt noch gerechtfertigt werden? Wer kann wirklich noch glauben, dass eine Eingreiftruppe deutscher Soldaten unser Land schützen könnte, indem sie in fernen Winkeln der Erde nach Giftküchen sucht, die oft genug vorher oder zugleich von deutschen Firmen geliefert wurden?

Wozu wird eine Superbombe gebraucht, wenn mir jeder Spaziergänger einen Koffer voll Sprengstoff vor die Tür legen oder ein Entführer ein Flugzeug samt Passagieren auf einen Atommeiler steuern kann? Haben Kriege nicht schon zur Genüge gezeigt, dass ein Trupp Freischärler modernste Armeeeinheiten außer Gefecht setzen kann? Wie sind Selbstmordanschläge zu verhindern, wenn Menschen den Tod nicht fürchten, weil sie nichts vom Leben haben?

Was tut Gott der Allmächtige, wenn Menschen in seinem Namen sich und/oder andere in die Luft sprengen?

Wo bleibt ein Bannfluch des Papstes, wenn Politiker und selbst Diener der Kirche unter Missbrauch des Christentums die Welt in ein Armenhaus oder einen Friedhof zu verwandeln drohen? Fragen über Fragen harren ihrer Antworten, und jeder sollte danach suchen, bevor es zu spät ist.

Ich entsinne mich, wie wir 1945 unsere Eltern gefragt haben: "Was habt ihr gegen den Krieg getan?" Heute steht diese Frage schon vor uns!

Nichts ist unglaubwürdiger als zu behaupten, dagegen können wir nichts tun, auf uns hört ja doch niemand.

Auch aus vielen kleinen Tropfen kann ein reißender Strom werden. Ich glaube niemandem, der sagt, er kenne den Weg zum dauerhaften Frieden. Bestenfalls einige Wegskizzen lassen sich schon finden. Schon einige Sprüche, Schüttelreime, Bibelworte, Gebote und andere Weisheiten können Wegweiser sein. Schon wenn ich mich entschließe, sie auf die Straße zu tragen, setze ich mich und andere in Bewegung.

Nehmen wir zum Beispiel einmal an:

- Alle Menschen sollen wissen,

   Krieg ist immer ganz beschissen!

 

- Der Kriegswerbung zum Trotze,

   meide ich die Glotze!

 

- Mache Dich politisch frei,

   Geh in keine Kriegspartei!

 

- Schickt alle Kriegsherren in die Wüste,

   Dort vergehn ihn' die Gelüste!

 

- Geh nicht zu den Soldaten,

    nimm lieber einen Spaten!

 

- Verlang von Kriegsminister Struck,

   gib sofort das Geld zurück!

 

- Du sollst nicht töten! Steht in der Bibel.

   Schreibt es den Kindern in die Fibel!

 

Und hier mach mal selber weiter, vielleicht wird's noch gescheiter?! Ja, weiter machen müssen wir auf unterschiedlichste Weise, denn niemand wird so naiv sein zu glauben, mit ein paar flotten Sprüchen wäre das Problem zu lösen.

 

Mit viel Phantasie sollten wir weiter machen, bis Deutschland, als uns nächstliegend, militärisch völlig neutral ist. Millionen Opfern zweier Weltkriege schulden wir das, und von der historischen Pflicht und Schuldigkeit kann uns niemand, weder NATO noch USA-Administration, befreien. Um so mehr, da wir jetzt nur von Freunden umgeben sind, entfallt die Notwendigkeit einer Streitmacht. Unser frei werdendes Geld wollen wir lieber in soziale Projekte, Bildung, Wissenschaft, Kultur, Sport und Umwelt stecken. Damit wurde der "Standort Deutschland" attraktiv. Eine qualifizierte Polizei und ein modern ausgerüstetes Technisches Hilfswerk sind hinreichend für innere Ordnung und Sicherheit. Terroristen wird der Nährboden weitgehend entzogen, doch selbst wenn bei größter Anstrengung ein Anschlag nicht zu verhindern ist, gäbe es vermutlich weniger Opfer als bei dauernder Kriegsbeteiligung. Auch unser Beitrag zur Losung globaler Probleme konnte beträchtlich großer ausfallen. Mit der Zeit wurden sicher auch andere Länder unserem Vorbild folgen.

 

Es scheint eine schier unlösbare Aufgabe zu sein, doch es lohnt sich, über diese Vision nachzudenken und sich dafür anzustrengen, und auch der kleinste Beitrag lasst dieses Graswurzelwerk wachsen, das die Giftpflanze Krieg zu ersticken vermag.

 

Drum gehen wir voran: "Schwerter zu Pflugscharen!"


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